15. April 2014

Was man nicht sieht

Beim Thema Unterwäsche der 50/60er Jahren denken viele sicher gleich an so schöne Modelle wie diese 

aber es geht auch anders. Ich sage nur Baumewollunterwäsche und lange Unterhosen ;)



Achtzehntes Kapitel

 

WAS MAN NICHT SIEHT

 

Alles Edle

ist an sich stiller Natur.



Aus der Tatsache, dass man Wäsche nicht sieht, ziehen viele Menschen – und ich fürchte, nicht nur junge Mädchen – die für sie logische Folgerung, dass man seine Zeit und sein Interesse wichtigeren Dingen zuwenden sollte als der Wäsche. Dabei ist Wäsche das Wichtigste von dem, was wir am Körper tragen, was uns Sicherheit gibt und Wohlbefinden.
Ich will gar nicht, dass du für Unterwäsche dein ganzes Taschengeld ausgeben sollst, um nur noch Wäsche mit Brüsseler Spitze zu tragen. Im Gegenteil, ich finde das ganz unpraktisch und unpassend für ein Mädchen wie dich. Geh ins nächste Kaufhaus und kauf dir ein halbes dutzend von den billigen Baumwollhöschen und such dir ein paar, dazu passende, hübsche Hemden aus dem gleichen Material. Lass dir Zeit beim Suchen. Die Höschen und Hemden müssen wirklich zueinander passen. Wenn du das nicht schaffst, kauf die lieber, die etwas teureren Garnituren. Baumwolle kannst du kochen, soviel du willst, und du wirst dich immer wohl darin fühlen. Bist du in allen Fragen etwas feiner geraten, schwörst du sicher aus Nylon und Perlonwäsche. Man kann sie jeden Abend leicht auswaschen, einfach in warmem Wasser mit einem Spülmittel, ein bisschen glattziehen und am nächsten Tag kann man sie, ohne zu bügeln, wieder anziehen. Aber nicht jeder kann Nylon- bzw. Perlonwäsche auf der Haut vertragen.

Für den Winter brauchst du zwei bis drei Garnituren aus Wolle. Und nun kommt auch der Satz meiner Großmutter: Du brauchst einen warmen Schlüpfer zum Überziehen – mit Beinen. Wobei auf den letzten beiden Worten die Betonung liegt. Du brauchst dich deshalb nicht gleich zu schütteln. Er darf weich sein und weiß. Ich besitze einen. Und dazu passend eine Angoraweste. Wenn der Nordwind pfeift ziehe ich beides an und dazu Wollstrümpfe und Pelzschuhe und -mütze. Was nützen einem die hauchdünnen Nylonstrümpfe, die zierlichste Schühchen, die graziöseste Wäsche, wenn über allem ein Erkältungsgesicht hockt?
Das Wäsche weiß sein muss, finde ich selbstverständlich. Weiß gibt dir am besten das Gefühl von Sauberkeit. Rosa, Hellblau und Geld finde ich hässlich, Schwarz und Lila so ordinär, dass ich gar nicht darüber sprechen mag.

Du brauchst zwei bis drei Unterröcke, die dir wirklich rundherum passen. Sie geben Rock und Kleid besseren Sitz. Außerdem ist es sehr peinlich, im Sommer, wenn die Sonne durch die leichten Kleider scheint, diese Kleidungsstücke vergessen zu haben. Es gibt die glatten Halbröcke für enge Röcke. Nimm sie aus Perlon oder Leinen. Das ist praktischer als die karierten aus Taft., die nur hübsch aussehen, solange sie neu und ungewaschen sind. Mach bitte nicht den Unfug mit, so ungeheure Petticoat-Monstren zur Schau zu tragen, wie man sie vor einigen Zeit überall sehen konnte. Kauf also einen Petticoat, der deinem weiten Rock Form gibt, nicht aber einen, der ihn drei Meter vom Körper abstehen lässt. Du kannst ihn aus Perlon und Leinen nehmen, wobei Leinen sich leichter stärken lässt, Perlon jedoch duftiger aussieht.


Büsterhalter und Hüftgürtel nimm aus Perlon. Je schlanker du bist, desto schmaler darf der Hüftgürtel sein. Nur wenn du wirklich breite, gepolsterte Hüften mit dir herumschleppst, solltest du dir einen Stützgürtel kaufen, den du im Geschäft anprobieren musst.


                                                               Strumpfhalter und Hüftgürtel in einem.  
                                                 Auch damals wurde Stützwäsche schon von Frauen präsentiert, 
                                                                        die sie eigentlich nicht brauchen.

Wasche den Strumpfhalter vorsichtig, drücke ihn nur aus. Wechsle die Strumpfgürtel, sobald der geringste Anlass dazu besteht. Strumpfgürtel dir du nicht genügend Pflegst, rächen sich meistens im unpassendsten Augenblick an dir. Bei guter Behandlung kommst du mit zwei paar Nylons bzw. Perlons aus. Sei vorsichtig beim Anziehen. Roll den Strumpf bis zur Ferse auf, steig dann hinein und streiche ihn langsam am Fuß hoch. Pass auf, das keine Falten bleiben. Zieh keinen Strumpf mit Laufmasche an, in der Hoffnung, jeder wird dir glauben, wenn du später sagst: „Ach, das muss gerade eben passiert sein!“ Und zieh dir nicht zwei verschiedenfarbige Strümpfe an, weil du denkst, es sei so regnerisch draußen, dass es niemand sieht. Ein guter Trick, letzteren zu vermeiden, ist, sich immer gleich zwei Paar von derselben Farbe und Firma zu kaufen. Zieh deine Nylons jeden zweiten Tag durchs Wasser. Im Winter kannst du Wollstrümpfe tragen. Dass man sie nicht zu hochhackigen Schuhen tragen kann, brauche ich dir wohl nicht zu sagen. Eine sehr gute Erfindung sind auch die Strumpfhosen, allerdings nur so lange, wie du sie als Unterwäsche betrachtest und sie nicht als Ersatz für Rock oder lange Hosen gebrauchst.




1 Kommentar:

  1. Wonderfully charming post! I love that you included two of my all-time favourite types of underpinnings: crinolines/pettiskirts and seamed stockings. Rarely (ever?) does a week go by that I don't wear one or both of those classic mid-century pieces.

    Big hugs & joyful Easter weekend wishes,
    ♥ Jessica

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